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Gegen Einkaufscenter in Innenstädten – Wie kommt man zu mehr Geld?

Als die Zittauer im Jahre 1337 die böhmische Burg Tollenstein nach 6 Tagen Belagerung erobert hatten, erhielten sie vom Herzog Heinrich von Jauer den     schwarzen schlesischen Adler in ihr Wappen. Als die Zittauer im Jahre 1337 die böhmische Burg Tollenstein nach 6 Tagen Belagerung erobert hatten, erhielten sie vom Herzog Heinrich von Jauer den schwarzen schlesischen Adler in ihr Wappen. Quelle: Archiv Peter Dorn
Ganz einfach, man braucht eine exzellente Geschäftsidee, statt enttäuscht jedes Wochenende die Lottozettel zu zerreißen. Also lieber eine Viertelstunde nachdenken, als ein Leben lang arbeiten?! Lässt sich damit etwas anfangen, dass in Sachsen die schönen Mädchen auf den Bäumen wachsen? Oder findet man eine Antwort in vergangenen Zeiten, z.B. als Wessis Ossis wurden, als Kolonisten, womöglich im 13. Jahrhundert? Alles falsch! Ein westdeutscher Wissenschaftler geriet ins Schwärmen, als er mit mir sprach.

Der Bau von Einkaufscentern sei „eine glänzende Geschäftsidee“. Von 1962 bis 2012 wurden in Deutschland 444 Center gebaut. In der Rattenfängerstadt Hameln installierte man z.B. brachial, ohne Rücksicht auf die historische Stadtstruktur für 45 Millionen Euro ein Center. Noch vor Inbetriebnahme verkaufte man es an einen Schweizer Fond für 90 Millionen! DAS erklärt den übergroßen Eifer solcher Leute. Geldvermehrung durch Stadtzerstörung?

Für andere mag allerlei denkbar sein, nicht für die heimatliebenden Oberlausitzer! Schon 1337 hatten die Zittauer die böhmische Raubritterburg Tollenstein nach 6 Tagen Belagerung erobert. Dafür erhielten sie vom Herzog Heinrich von Jauer den schwarzen schlesischen Adler in ihr Wappen. Als die Wegelagerer, Plünderer und Raubritter in der Region immer dreister wurden, schlossen sich 1346 die Städte Bautzen, Görlitz, Zittau, Kamenz, Löbau und Lauban zum Sechsstädtebund zusammen. Vereint belagerte, eroberte und zerstörte man die Raubburgen. 1433 wurde einer der feindlichen Herren von Wartenberg wegen Verrats durch die Stadt geschleift und gevierteilt.

Um 1750 war Zittau dank des Fleißes seiner Bürger und intelligenter Führung die reichste unter den Sechsstädten geworden. In seiner Wirtschaftskraft stand Zittau nach Leipzig sogar an 2.Stelle in ganz Sachsen, speziell dank seines Leinenexports von jährlich etwa 1 Million Taler. Und dann kam das bislang größte Unglück in Zittaus Geschichte! 1757 wurden über drei Viertel der Stadt durch ein Bombardement der doch mit Sachsen verbündeten Österreicher in Schutt und Asche gelegt.

Mir war schon im September 2011 klar, dass der Plan für ein Center in der Innenstadt von Zittau, einem der wertvollsten derartigen Architektur-Ensembles von ganz Sachsen, hochgradig schlimme, extreme Auswirkungen auf die Stadt haben würde. Durch meine Mitgliedschaft in der Interessengemeinschaft Bauernhaus (IGB e.V.) wusste ich aus Veröffentlichungen in unserer Vereinszeitung schon jahrelang von den Machenschaften von Center-Installateuren anderswo, aber auch vom erfolgreichen Widerstand tapferer, ihre Stadtheimat liebenden Bürger, z.B. in Leer, Celle und Siegburg. Ich dachte an das üble Bombardement der Österreicher und an den Sechsstädtebund. Bürgermut gegen Centerflut? Zweimal schrieb ich in der Vereinszeitung „Der Holznagel“ und verteilte sie Ende 2011 und Februar 2012 in Zittau. Danach wurde in viel ehrenamtlicher Arbeit extra ein Sonderdruck mit dem Titel „Angriff auf Zittau“ von der IGB gestaltet. Der Druck erfolgte in der Oberlausitz und wurde von der IGB finanziert, 1500 Stück mit je 36 Seiten.

Der versuchte rücksichtslose Bau von unmodernen, übergroßen Centern in historischen, inzwischen auch kleineren Städten an Deutschlands Rand zeigt, dass anderswo schon alles abgegrast und ruiniert worden ist. In den USA stehen schon 550 große tote Center herum und man baut darum alternativ regelrechte Erlebniswelten mit kleineren Häusern und Geschäften.

Nachdem in Zittau ein von mir gefundener Referent aus Braunschweig über die Wirkungsweisen von Centern in Innenstädten gesprochen hatte, stand ein Mann auf und sagte, dass er als Centerbefürworter gekommen wäre, aber als Centergegner gehe!

130 Städte mit großen, schwer wieder zu belebenden großen Bauten, auch toten Centern, hatten sich beim Bundesbauministerium für ein Weißbuch-Projekt beworben. In einem mehrstufigen, hört, hört, Auswahlverfahren wurden 2011 davon 8 Orte ausgewählt, u.a. Peine. Sie erhielten zusammen 1,9 Millionen Euro. Bürger, Verwaltung und speziell Einzelhändler sollen nun gemeinsam versuchen, die toten Großobjekte wieder zu beleben… Ach, und siehe da, 2012 wurde auch Zittau in das Programm aufgenommen. Würde in Zittau ein solch übergroßes Center in die Innenstadt gebaut, wäre es die Sterbehilfe für viele Einzelhändler. Da werden keine mehr übrig sein, die eine womögliche Center-Totgeburt mit irgendwelchen Tricks wieder beleben könnten!

Dass solche Center wie Sauerbier den Städten aufgezwungen werden können, braucht 3 Voraussetzungen:

1. Unerfahrene lokale Politiker, die den Center-Investoren nicht gewachsen sind, auf deren Versprechungen hereinfallen…
2. „Hofberichterstatter“…
3. Eine weitgehend unkritische, nicht problemangemessen und zu spät informierte Bevölkerung…

Die Investoren können ihre Investitionen und Verluste abschreiben. Die Städte und Sachsen verlieren Geld! Für wache heimische Stadtbürger eine schlechte Geschäftsidee!

 

 

Titelseite 256KB Sonderdruck EKZ

Sonderausgabe der Vereinszeitung „Der Holznagel“ mit dem Titel „Angriff auf Zittau“ von Peter Dorn