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Die große Leere

Einsam in der Kornmarkt-Passage: Die meisten Ladenlokale stehen leer. Nachmieter zu finden ist offenbar schwierig Einsam in der Kornmarkt-Passage: Die meisten Ladenlokale stehen leer. Nachmieter zu finden ist offenbar schwierig Foto: Thorsten Eckert

Ein Geschäft nach dem anderen verlässt die Kornmarkt-Passage in Bautzen. Was ist da nur los? Die Schritte hallen laut in der Leere. In den Glasscheiben spiegelt sich das Nichts. Der Weg durch die Kornmarkt-Passage im Herzen der Stadt, er wirkt inzwischen fast schon gespenstisch. Die meisten Läden in der Passage stehen mittlerweile leer. Vor ein paar Wochen ist die Geschenke-Boutique ausgezogen, im Modegeschäft schräg gegenüber läuft nur noch der Räumungsverkauf.

Freya Kramer füttert in der Zoohandlung daneben die Fische. Es ist kein Kunde im Laden. „Im November ist Schluss“, sagt die Verkäuferin leise. Inhaber Roberto Heilmann wird sein Geschäft in der Passage ebenfalls aufgeben. 16 Jahre lang war Freya Kramer hier angestellt. „Das war mal ein schönes, Einkaufszentrum hier, hell und belebt“, sagt sie. „Aber dann kam der schleichende Niedergang.“

Der hat nun auch den Back-Shop getroffen. „Schluss. Ende“, sagt Inhaberin Karin Grugel nur. Im November wird sie schließen. Und die beiden Angestellten? Karin Grugel schluckt. „Was soll ich denn machen?“, fragt sie und blickt hinaus in den leeren Lichthof. Dabei sind es doch schöne, großzügige Ladenlokale, die in der Kornmarkt-Passage leer stehen. Die Lage im Herzen der Stadt zwischen Kornmarkt-Center gegenüber und Goschwitzstraße auf der anderen Seite ist auch nicht schlecht. Warum also will es nicht funktionieren?

Es läge an den Eigentümern, „irgendwelchen Holländern“, und ihren Verwaltern, einer Immobilien-GmbH mit Ansprechpartnern in Leipzig und München. So sagen es übereinstimmend die Geschäftsinhaber, die jetzt aufgeben. Roberto Heilmann vom Zoofachgeschäft schildert die Probleme: „Aller zwei Jahre hat es einen Eigentümer-Wechsel gegeben“, erzählt er. Aber immer sei es nur um mehr Geld von den Mietern gegangen. Seit dem Leerstand im Rondell seien seine Umsätze hier um die Hälfte eingebrochen, die Mietnebenkosten dagegen horrend in die Höhe geschossen. „Erst im März hat der Verwalter sie wieder erhöht. Sie sind jetzt höher als die Kaltmiete“, erzählt Heilmann. Das sei einfach unerträglich geworden.

Beim zuständigen Verwalter, der Leipziger Niederlassung der Paul-Immobilien GmbH, will sich gegenüber der SZ niemand zum Problem der Ladenpassage äußern. Auch nicht zur Zukunft. Höchstens ein beiläufiger Nebensatz, dass die Läden ja auch gut zu attraktiven Großraumbüros umfunktioniert werden könnten. Mit dem Jobcenter sind ja schon Schreibtische und Lamellenjalousien hinter die Schaufensterscheiben gezogen. Zumindest für die Mieteinnahmen könnte das funktionieren. Denn Büroflächen würden zurzeit in Bautzen viel eher gesucht als Ladenlokale, bestätigt ein Bautzener Immobilienmakler, der sich auskennt mit der Situation.

Die Außenläden mit Zugang vom Lauengraben und der Karl-Marx-Straße funktionieren besser. Der Spielzeughändler hat die Chance schon vor Längerem genutzt und ist innerhalb der Passage umgezogen. Auch die Weinhandlung läuft gut, bestätigt Filialleiterin Gabriele Scheffel. Sie hat viele Stammkunden gewonnen in den zehn Jahren, seit der Wein ein Teil ihres Lebens geworden ist. Aber wie es jetzt weitergeht? Gabriele Scheffel zuckt mit den Schultern. Ihre Firma hat den zehnjährigen Mietvertrag, der jetzt ausläuft, vorsorglich zum Jahresende gekündigt. Grund sei auch hier der Druck der horrenden Mietnebenkosten. Noch sei das Geschäft in Verhandlungen um einen neuen Mietvertrag. Sie möchte sehr gerne hier bleiben und ihr zehnjähriges Geschäftsjubiläum feiern, sagt Gabriele Scheffel. Aber ob sie das kann, das sei im Moment sehr fraglich. „Macht ihr auch zu?“, fragt eine Kundin, die gerade in den Laden kommt. „Erstmal nicht“, sagt Gabriele Scheffel. Und sie hofft, dass es vielleicht doch wieder Leben einzieht in die großen Leere .

Quelle: Sächsische Zeitung vom 06.09.2012 Autorin: Jana Ulbrich